<2016>
Schwierige Zeiten, Stimmungstiefs und verschiedene Welten! Schon längst hatte ich vor, endlich etwas mehr über die Pflege zu schreiben. Aber außer unangenehme Träume davon zu träumen, bringe ich bisher mehr dazu leider nicht zustande. Stattdessen möchte ich heute mal loswerden, was gerade so seltsam bedrückend und teils auch erschreckend ist. Zuerst: Wir als pflegende Angehörige sind froh über alle Fortschritte, die Toni bisher gemacht hat und haben keinen Grund zur Klage. Eigentlich. Allerdings merken wir immer wieder ganz deutlich, dass wir nicht (mehr) belastbar sind. Das ist für mich erschreckend. Den Alltag mit aktivierender Pflege und Co-Therapeuten-Aufgaben bewältigen wir ganz gut. Jede Abweichung aber kostet Energie und Kraft. Dazu gehört, so seltsam sich das anhören mag und so krass sich das anfühlt, fast jeder Kontakt nach außen. Sei das nun ein von Herzen gut gemeinter Wunsch nach einem schönen Geburtstagsfest, der einen Zustand voraussetzt, voraus-hofft oder voraus-wünscht, der mit unserer Realität leider nichts gemein hat und aufgrund der Gegebenheiten fast sarkastisch anmutet. Natürlich macht Toni Fortschritte und es verändert sich vieles. Aber das ist eben genau der Punkt: Es wird anders. Nicht leichter oder gar besser. Nur anders. Vielleicht sind wir auch nur zu ungeduldig. Ich bin's ganz bestimmt! Ich hatte mir gewünscht, dass mit den Fortschritten auch Erleichterungen einhergehen. Das ist zwar so, aber in so geringem Ausmaß, dass es bei Alltags-Abweichungen eben nicht ins Gewicht fällt. Eine weitere Abweichung: ein Urlaubs-Video-Bericht, der deutlich macht, was alles unwiederbringlich verloren und uns unmöglich ist. Das stimmt mich ungewollt nachhaltig traurig. Außerdem zieht es in unserem ruhigen Ablauf der Tage weite Kreise. Seitdem träumt Toni nachts zum Beispiel viel mehr und heftiger als zuvor. Dabei atmet er schwer und unregelmäßig (was Mama natürlich wach hält). Tagsüber ist er sehr grüblerisch und nachdenklich. Alles "von außen" ist natürlich gut gemeint … das ist mir schon bewusst. Es fällt mir nicht leicht, das heute zu schreiben. Klar, jeder hat sein Päckchen zu tragen und nicht jeder kann sich so ganz auf unsere Realität einfühlen, weil es natürlich auch für alle anderen schmerzlich ist, die Vergangenheit mit Toni ruhen zu lassen. Uns und ihn in dieser veränderten Situation anzunehmen. Es liegt an uns, die richtigen Parameter darauf anzuwenden oder eben Prioritäten zu setzen, damit wir möglichst schnell wieder zurück zu einer stabilen Ausgeglichenheit finden. Genau das gelingt uns manchmal eben nicht so gut, wenn alles so gehäuft kommt. Es ist alles lieb gemeint, dennoch zeigt es uns schmerzlich krass, wie weit weg wir von einem „normalen Leben“ sind. Dass es ein Zurück nicht geben kann. Das ist so ein seltsames Gefühl von absoluter Isolation. Gemischt mit einem schlechten Gewissen, weil ich nicht undankbar sein möchte, für die vielen kleinen Wunder, die wir erleben. Und für die vielen guten Gedanken und guten Wünsche, die uns erreichen. Für alle, die Anteil nehmen und hoffen, es wäre bereits leichter, einfacher oder besser. Aber es ist, wie es ist und manchmal ist es schwer. Für uns genauso wie für alle anderen, die Toni vermissen. Vor allem, wenn wir alle drei irgendwie den „Blues“ haben. Darf man das nicht auch offen zugeben? Vielleicht ist es auch einfach der Winter (der erst nicht kommen wollte und nun nicht daran denkt, seinen Sommerschlaf zu beginnen), der uns die Stimmung trübt. So hoffe ich abschließend inniglichst auf baldige Besserung - sowohl des Wetters als auch der Gemütslage(n)! :-) Comments are closed.
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August 2020
AutorIn den ersten dreieinhalb Jahren nach dem Unfall fast immer mit dabei |