<<2013
Am 30.09.2013 zieht Toni um nach Balingen. Das ist ziemlich kompliziert und aufregend. In der Intensiv-WG hat er ein Zimmer und sein eigenes Krankenbett. Die meiste Zeit des Tages liegt er im Bett, wird immer mal wieder anders gelagert. Etwa für 2 Stunden pro Tag wird er „mobilisiert“ und in seinen Rollstuhl gesetzt. Dort hat er auch Therapien, aber davon kriegen wir nicht so viel mit. Abgesehen vom Ablauf des Umzugstages muss ja auch im Vorfeld die Pflege mit dem ausgewählten Pflegedienst detailliert besprochen werden. Weil da eben so viel dranhängt und das Zimmer in der WG gekündigt ist, ist es unmöglich, den Umzugstermin zu verschieben. Das muss klappen, selbst wenn in der neuen Wohnung noch nicht alles fertiggestellt ist. Also kommt der Monteur vom Sanitätshaus kurz vor dem Transport in die WG nach Gomaringen. Toni wird in den Multifunktions-Rollstuhl geliftet und mit dem bestellten Rollstuhl-Transport vom KBF zusammen mit Mama nach Balingen gefahren. Ganz langsam und vorsichtig. In der Zeit wird das Bett abmontiert und nach Balingen transportiert. Dort warte ich auf den Bett-Monteur und lass ihn herein. Ungeduldig kann ich es kaum erwarten, zu sehen, ob die erste Fahrt im Rollstuhl gut verlief. Endlich kommt der Caddy langsam vor dem Haus zum Stehen. Ich renn hin und her, bitte die Arbeiter vorm Haus um Hilfe, ihn mitsamt dem Rollstuhl ins Haus zu heben. Noch sind die Außenanlagen nicht fertig, daher ist der Absatz mit 20 Zentimeter quasi unüberwindbar. Mama ist ruhiger und konzentrierter als ich, aber erschöpft von Missverständnissen mit den jetzt ehemaligen Pflegekräften. Es war nichts vorbereitet, so musste sie noch alles einpacken, was Toni täglich braucht und was folglich mit umziehen soll. Toni ist fest eingepackt, soweit ganz okay und wach. Die vier Männer packen gern mit an und plötzlich steht er mitten im Raum. Ist endlich da – was für ein unwirklicher Moment! Das Bett steht im Wohnzimmer, da das Schlafzimmer noch nicht bezugsfertig ist. Als alle weg sind und wir zu dritt im Wohnzimmer stehen, löst sich bei mir durchs Weinen die enorme Anspannung. Ein Pfleger vom künftigen Pflegedienst kommt vorbei. Er lernt Toni ein wenig kennen, der antwortet mal mit Grinsen oder Schulterzucken. Auch den Transfer von Toni vom Rollstuhl ins Bett übernimmt diese Pflegekraft. Allerdings startet die wirkliche Pflegeunterstützung erst in 7 Tagen. Jetzt erstmal wird Mama alles allein machen. Die Schienen für den Deckenlift können erst ein paar Tage später montiert werden. Glücklicherweise sogar einmal quer durch die Wohnung. Dort fängt es also an. Zwischen Umzugskisten und Pflegematerial liegt er im Bett und Mama schläft in der kommenden Nacht daneben auf dem Sofa. (Bzw. liegt, weil an Schlaf nicht zu denken ist. Anfangs laufen und brummen die Trocknungsgeräte noch stundenlang im Bad/Schlafzimmer. Wirklich ruhig ist das also nicht.) Soweit möglich haben wir uns alle nach ein paar Stunden auf die neue Situation eingestellt. Zu sehen, wie selbstsicher Mama umsetzt, was sie sich bestimmt im Vorfeld so oft ausgemalt hat, beruhigt mich. Genauso sehr wie Toni, der endlich bei uns ist und einen fast entspannten Eindruck macht. Zu der Zeit lesen wir vor allem aus seinem Gesichtsausdruck, der Kälte/Wärme seiner Hände und vor allem an seiner Pulsfrequenz, wie es ihm geht. Also mache ich mich nach insgesamt etwa 4 Stunden Umzugs-Pause wieder auf den Weg zur Arbeit. Kommentare sind geschlossen.
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August 2020
AutorIn den ersten dreieinhalb Jahren nach dem Unfall fast immer mit dabei |