<<2014
So ein Schlucktraining ist ziemlich komplex. Irgendwann 2014 erzählte mir Mama, dass Toni von seiner Logopädin Gesichtsgymnastik aufgetragen wurde. Vermutlich zum Muskeln reaktivieren, aufwecken, gezielt benutzen. Wie und warum auch immer: es ist eine ideale Gelegenheit für mich, mit Toni Blödsinn zu machen! Ich bringe mich auf Höhe seines Gesichtes, ziehe die Augenbrauen hoch und er macht es nach. Dann wird die Nase gerümpft oder gekräuselt – erst ich, dann er. Breites Grinsen, Augenbrauen zusammenschieben und dadurch ganz finster und böse wirken, Zunge rausstrecken… Immer mal wieder machen wir das. Manchmal schaut er einfach rüber, nimmt genau wahr, was wir in dem Moment tun. Fange ich da seinen Blick auf, ist er „voll da“. Ich zieh eine Grimasse und er grinst. Manchmal ist das während Mama und ich essen. Und ja, manchmal habe ich dann so „pantomiert“ als wäre das Essen überhaupt nicht lecker – natürlich nur, wenn Mama gerade nicht im Raum war! Vielleicht auch nur bei den Speisen, die er immer so gern mochte. Es ist schon gemein, da zu sitzen und Pfannkuchen zu essen (oder sonstigen Kuchen) und dabei von ihm beobachtet zu werden, der in dem Moment keinen Kuchen essen darf/kann! Immer wenn ich vorgebe, es wäre nicht lecker und mir wäre übel vom Essen, lachte er. Anfangs nur so ein ganz leises Schnauben und ein breites Grinsen. Nicht selten floss dabei der viele Speichel über. Eine gute Gelegenheit zur Übung für ihn, sich den Mund mit einem Tuch abzuwischen. Wenn er nicht damit rechnet, lacht er auch über eine plötzlich rausgestreckte Zunge. Nach ein bisschen gutem Zureden, streckt er dann die Zunge auch so langsam raus. Wann immer möglich nutze ich seine Wachheit für Unfug und nicht lange, da macht er das auf Zuruf: „Naserümpf“ „böse Augenbraue“ „Grins“ „Augenbraue hoch“ Für mich ist das total cool, ich lache jedes Mal und freue mich riesig darüber, dass er entweder meinen Gesichtsausdruck sehen und imitieren kann oder genau verstanden hat, was ich sage und er das so schnell umsetzen kann. Da er 2014 nicht deutlich sprechen kann, ist diese Reaktionsfähigkeit ein ziemlich gutes Beispiel dafür, dass er trotz Schädel-Hirn-Trauma NICHT extrem matschbirnig ist. Oft bespreche ich dann mit ihm, den "Trick" später auch Mama vorzuführen, wenn sie dann wieder zurück in den Raum kommt. Manchmal klappt das, manchmal nicht. Es kommt auf die Dauer des Einübens/Erarbeitens und der anschließenden Wartezeit an. Je nachdem wie anstrengend das war, schläft er beim Warten ein. Dabei ist ein Nickerchen nach einer Aktiv-Phase durchaus wichtig. So wird das Gelernte im Gehirn gespeichert. Ich kann mich noch genau erinnern, wie im Herbst zum ersten Mal ziemlich viele Familien-mitglieder bei uns zu Besuch waren – zum Teil auch Toni seit dem Unfall das erste Mal wiedersahen. Da war das ganze Wohnzimmer voll und er grinste breit. Da rief ich ihm das Kommando „böse Augenbraue“ zu und er demonstrierte vor versammelter Mannschaft seine Macht über die eigenen Augenbrauen. :-) Abschließend möchte ich dazu noch sagen, dass ich da lange „naserümpf“ rufen kann und nichts passiert, wenn er keine Lust dazu hat. Es klingt nur ein wenig nach „abrichten“ – ist vielmehr ein gemeinsames Training. Solange er sich ab und zu auf dieses Niveau einlassen kann, über blöde Grimassen oder Witze schmunzelt und selbst Grimassen zieht, ist mit dem Shunt (Hirndruck) alles in Ordnung! Gerade an eher müden Tagen käme bei andauernder Dumpfheit sonst bei uns Sorge auf. Comments are closed.
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August 2020
AutorIn den ersten dreieinhalb Jahren nach dem Unfall fast immer mit dabei |